Fredeswinds Märchenschatztruhe

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Fredeswind
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Brüderchen und Schwesterchen (Brüder Grimm)

Beitrag von Fredeswind » Dienstag 17. Mai 2011, 13:02

Am andern Morgen ging die Jagd von neuem an, und als das Rehlein wieder das Hifthorn hörte und das Hoho der Jäger, da hatte es keine Ruhe und sprach: „Schwesterchen, mach mir auf, ich muss hinaus.“

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Das Schwesterchen öffnete ihm die Türe und sprach: „Aber zu Abend musst du wieder da sein und dein Sprüchlein sagen.“

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Als der König und seine Jäger das Rehlein mit dem goldenen Halsband wieder sahen, jagten sie ihm alle nach, aber es war ihnen zu schnell und behänd. Das währte den ganzen Tag, endlich aber hatten es die Jäger abends umzingelt, und einer verwundete es ein wenig am Fuß, so dass es hinken musste und langsam fort lief.

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Da schlich ihm ein Jäger nach bis zu dem Häuschen und hörte, wie es rief: „Mein Schwesterlein, lass mich herein“, und sah, dass die Tür ihm aufgetan und alsbald wieder zugeschlossen ward.

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Der Jäger behielt das alles wohl im Sinn, ging zum König und erzählte ihm, was er gesehen und gehört hatte. Da sprach der König: „Morgen soll noch einmal gejagt werden.“

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Beitrag von Fredeswind » Dienstag 17. Mai 2011, 13:07

Das Schwesterchen aber erschrak gewaltig, als es sah, dass sein Rehkälbchen verwundet war. Es wusch ihm das Blut ab, legte Kräuter auf und sprach: „Geh auf dein Lager, lieb Rehchen, dass du wieder heil wirst.“

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Die Wunde aber war so gering, dass das Rehchen am Morgen nichts mehr davon spürte. Und als es die Jagdlust wieder draußen hörte, sprach es: „Ich kann's nicht aushalten, ich muss dabei sein; so bald soll mich keiner kriegen.“

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Das Schwesterchen weinte und sprach: „Nun werden sie dich töten, und ich bin hier allein im Wald und bin verlassen von aller Welt; ich lass dich nicht hinaus.“ „So sterb ich dir hier vor Betrübnis“, antwortete das Rehchen, „wenn ich das Hifthorn höre, so mein ich, ich müsst aus den Schuhen springen!“

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Da konnte das Schwesterchen nicht anders und schloss ihm mit schwerem Herzen die Tür auf, und das Rehchen sprang gesund und fröhlich in den Wald.Als es der König erblickte, sprach er zu seinen Jägern: „Nun jagt ihm nach den ganzen Tag bis in die Nacht, aber dass ihm keiner etwas zuleide tut.“ Sobald die Sonne untergegangen war, sprach der König zum Jäger: „Nun komm und zeige mir das Waldhäuschen.“

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Und als er vor dem Türlein war, klopfte er an und rief: „Lieb Schwesterlein, lass mich herein.“ Da ging die Tür auf, und der König trat herein, und da stand ein Mädchen, das war so schön, wie er noch keins gesehen hatte.

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Beitrag von Fredeswind » Dienstag 17. Mai 2011, 13:15

Das Mädchen erschrak, als es sah, dass nicht sein Rehlein, sondern ein Mann hereinkam, der eine goldene Krone auf dem Haupt hatte. Aber der König sah es freundlich an, reichte ihm die Hand und sprach: „Willst du mit mir gehen auf mein Schloss und meine liebe Frau sein?“

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„Ach ja“, antwortete das Mädchen, „aber das Rehchen muss auch mit, das verlass ich nicht.“ Sprach der König: „Es soll bei dir bleiben, solange du lebst, und soll ihm an nichts fehlen.“

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Indem kam es hereingesprungen, da band es das Schwesterchen wieder an das Binsenseil, nahm es selbst in die Hand und ging mit ihm aus dem Waldhäuschen fort.

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Der König nahm das schöne Mädchen auf sein Pferd und führte es in sein Schloss. Dort wurde mit großer Pracht die Hochzeit gefeiert, und war es nun die Frau Königin, und lebten sie lange Zeit vergnügt zusammen.

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Das Rehlein ward gehegt und gepflegt und sprang in dem Schlossgarten herum.

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Beitrag von Fredeswind » Dienstag 17. Mai 2011, 13:24

Die böse Stiefmutter aber, um derentwillen die Kinder in die Welt hineingegangen waren, die meinte nicht anders, als Schwesterchen wäre von den wilden Tieren im Walde zerrissen worden und Brüderchen als ein Rehkalb von den Jägern totgeschossen.

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Als sie nun hörte, dass sie so glücklich waren und es ihnen so wohl ging, da wurden Neid und Missgunst in ihrem Herzen rege und ließen ihr keine Ruhe, und sie hatte keinen andern Gedanken, als wie sie die beiden doch noch ins Unglück bringen könnte.

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Ihre rechte Tochter, die hässlich war wie die Nacht und nur ein Auge hatte, die machte ihr Vorwürfe und sprach: „Eine Königin zu werden, das Glück hätte mir gebührt.“ „Sei nur still“, sagte die Alte, und sprach sie zufrieden, „wenn's Zeit ist, will ich schon bei der Hand sein.“

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Als nun die Zeit herangerückt war und die Königin ein schönes Knäblein zur Welt gebracht hatte und der König gerade auf der Jagd war, nahm die alte Hexe die Gestalt der Kammerfrau an, trat in die Stube, wo die Königin lag, und sprach zu der Kranken: „Kommt, das Bad ist fertig, das wird Euch wohltun und frische Kräfte geben; geschwind, eh es kalt wird.“

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Ihre Tochter war auch bei der Hand, sie trugen die schwache Königin in die Badestube und legten sie in die Wanne; dann schlossen sie die Tür ab und liefen davon. In der Badestube aber hatten sie ein rechtes Höllenfeuer angemacht, dass die schöne junge Königin bald ersticken musste.

Brüderchen 38.JPG
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Beitrag von Fredeswind » Dienstag 17. Mai 2011, 13:33

Als das vollbracht war, nahm die Alte ihre Tochter, setzte ihr eine Haube auf und legte sie ins Bett an der Königin Stelle. Sie gab ihr auch die Gestalt und das Ansehen der Königin, nur das verlorene Auge konnte sie ihr nicht wiedergeben. Damit es aber der König nicht merkte, musste sie sich auf die Seite legen, wo sie kein Auge hatte.

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Am Abend, als er heimkam und hörte, dass ihm ein Söhnlein geboren war, freute er sich herzlich und wollte ans Bett seiner lieben Frau gehen und sehen, was sie machte. Da rief die Alte geschwind: „Beileibe, lasst die Vorhänge zu, die Königin darf noch nicht ins Licht sehen und muss Ruhe haben.“ Der König ging zurück und wusste nicht, dass eine falsche Königin im Bette lag.

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Als es aber Mitternacht war und alles schlief, da sah die Kinderfrau, die in der Kinderstube neben der Wiege saß und allein noch wachte, wie die Türe aufging und die rechte Königin hereintrat. Sie nahm das Kind aus der Wiege, legte es in ihren Arm und gab ihm zu trinken. Dann schüttelte sie ihm sein Kisschen, legte es wieder hinein und deckte es mit dem Deckbettchen zu.

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Sie vergaß aber auch das Rehchen nicht, ging in die Ecke, wo es lag, und streichelte ihm über den Rücken. Darauf ging sie ganz stillschweigend wieder zur Tür hinaus.

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Und die Kinderfrau fragte am andern Morgen die Wächter, ob jemand während der Nacht ins Schloss gegangen wäre, aber sie antworteten: „Nein, wir haben niemand gesehen.“

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Beitrag von Fredeswind » Dienstag 17. Mai 2011, 13:44

So kam sie viele Nächte und sprach niemals ein Wort dabei; die Kinderfrau sah sie immer, aber sie getraute sich nicht, jemand etwas davon zu sagen.

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Als nun so eine Zeit verflossen war, da hub die Königin in der Nacht an zu reden und sprach:
„Was macht mein Kind? Was macht mein Reh?
Nun komm ich noch zweimal und dann nimmermehr.“


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Die Kinderfrau antwortete ihr nicht, aber als sie wieder verschwunden war, ging sie zum König und erzählte ihm alles. Sprach der König: „Ach Gott, was ist das! Ich will in der nächsten Nacht bei dem Kinde wachen.“

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Abends ging er in die Kinderstube, und um Mitternacht erschien die Königin wieder und sprach:
„Was macht mein Kind? Was macht mein Reh?
Nun komm ich noch einmal und dann nimmermehr.“


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Und pflegte dann des Kindes, wie sie gewöhnlich tat, ehe sie verschwand. Der König getraute sich nicht, sie anzureden, aber er wachte auch in der folgenden Nacht. Sie sprach abermals:

„Was macht mein Kind? Was macht mein Reh?
Nun komm ich noch diesmal und dann nimmermehr.“


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Beitrag von Fredeswind » Dienstag 17. Mai 2011, 13:56

Da konnte sich der König nicht zurückhalten, sprang zu ihr und sprach: „Du kannst niemand anders sein als meine liebe Frau.“

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Da antwortete sie: „Ja, ich bin deine liebe Frau“, und hatte in dem Augenblick durch Gottes Gnade das Leben wiedererhalten, war frisch, rot und gesund. Darauf erzählte sie dem König den Frevel, den die böse Hexe und ihre Tochter an ihr verübt hatten.

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Der König ließ beide vor Gericht führen, und es ward ihnen das Todesurteil gesprochen.

Brüderchen 51.JPG


Wie sie gerichtet waren, verwandelte sich das Rehkälbchen und erhielt seine menschliche Gestalt wieder.

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Brüderchen und Schwesterchen aber lebten glücklich zusammen bis an ihr Ende.

Brüderchen 53.JPG


ENDE
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Erik
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Re: Märchen

Beitrag von Erik » Dienstag 17. Mai 2011, 14:03

Wow, ein wunderschönes Märchen mit supertollen Bildern. :great :respekt
Und wie fast immer kannte ich dieses Märchen noch nicht. :ohnmacht
Also nochmal :dank1 für dieses Märchen. :klatsch1

Gruß Erik
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erwinius
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Re: Märchen

Beitrag von erwinius » Mittwoch 18. Mai 2011, 20:58

Zwar kannte ich diese Märchen (ausnahmsweise..... :wink ) aber in Deiner Version gefällt es mir viel viel besser!!!! :klatsch2 :klatsch2

Weiter so Irmi¨ :great

Grüsse
Erwinius
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Re: Märchen

Beitrag von Fredeswind » Mittwoch 1. Juni 2011, 14:54

@ DerSachse: :dank1 :oops :dank1 :oops Wie heißt es so schön: 'öfter mal was Neues'. Es geht auch gleich weiter!

@ erwinius: :dank1 :oops :dank1 :oops Freut mich besonders, dass ein bekanntes Märchen in meiner Version besser gefällt als sonst.

Gruß Fredeswind :blume
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Der Mann ohne Herz (BrüderGrimm)

Beitrag von Fredeswind » Mittwoch 1. Juni 2011, 15:02

Der Mann ohne Herz

(frei nach den Brüdern Grimm)


Es sind einmal sieben Brüder gewesen, waren arme Waisen, hatten keine Schwester, mussten alles im Hause selbst tun, das gefiel ihnen nicht.

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Sie wurden Rates untereinander, sie wollten heiraten. Nun gab es aber da, wo sie wohnten, keine Bräute für sie, da sagten die älteren, sie wollten in die Fremde ziehen, sich Bräute suchen.

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Ihr Jüngster sollte das Haus hüten, und dem wollten sie eine recht schöne Braut mitbringen. Das war der Jüngste gar wohl zufrieden, und die sechse machten sich fröhlich und wohlgemut auf den Weg.

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Unterwegs kamen sie an ein kleines Häuschen, das stand ganz einsam in einem Walde, und vor dem Häuschen stand ein alter alter Mann, der rief die Brüder an und fragte: „Heda! Ihr jungen Gieke! Wohin denn so lustig und so geschwind?“

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„Ei, wir wollen uns jeder eine hübsche Braut holen und unserm jüngsten Bruder daheim auch eine!“, antworteten die Brüder. „O liebe Jungen!“, sprach da der Alte, „ich lebe hier so mutterseelenallein, bringt mir doch auch eine Braut mit, aber eine junge, hübsche muss es sein!“ Die Brüder gingen von dannen und dachten: „Hm, was will so ein alter, eisgrauer Hozelmann mit einer jungen, hübschen Braut anfangen?“

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Der Mann ohne Herz (Brüder Grimm)

Beitrag von Fredeswind » Mittwoch 1. Juni 2011, 15:06

Da nun die Brüder in eine Stadt gekommen waren, so fanden sie dort sieben Schwestern, so jung und so hübsch, als sie sie nur wünschen konnten, die nahmen sie, und die jüngste nahmen sie für ihren Bruder mit.

Herz 06a.JPG


Sie kamen wieder durch den Wald, und der Alte stand wieder vor seinem Häuschen, als wartete er auf sie, und sagte: „Ei, ihr braven Jungen! Das lob ich, dass ihr mir so eine junge, hübsche Braut mitgebracht habt!“ „Nein!“, sagten die Brüder, „die ist nicht für dich, die ist für unsern Bruder zu Hause, dem haben wir sie versprochen!

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„So?“ sagte der Alte, „versprochen? Ei, dass dich! Ich will euch auch versprechen!“ und nahm ein weißes Stäbchen und murmelte ein paar Zauberworte und rührte die Brüder und die Bräute mit dem Stäbchen an - bis auf die jüngste -, da wurden sie alle in graue Steine verwandelt.

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Die jüngste aber von den Schwestern führte der Mann in das Haus, und das musste sie nun beschicken und in Ordnung halten, tat das auch gern, aber sie hatte immer Angst, der Alte könne bald sterben, und dann werde sie in dem einsamen Häuschen im wilden, öden Walde auch so mutterseelenallein sein, wie der Alte zuvor gewesen war.

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Das sagte sie ihm, und er antwortete: „Hab kein Bangen, fürchte nicht und hoffe nicht, dass ich sterbe. Sieh, ich habe kein Herz in der Brust! Stürbe ich aber dennoch, so findest du über der Türe mein weißes Zauberstäbchen und rührst damit an die grauen Steine, so sind deine Schwestern und ihre Freier befreit, und du hast Gesellschaft genug.“

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Beitrag von Fredeswind » Mittwoch 1. Juni 2011, 15:12

„Wo aber in aller Welt hast du denn dein Herz, wenn du es nicht in der Brust hast?“, fragte die junge Braut. „Musst du alles wissen?“, fragte der Alte. „Nun wenn du es denn wissen musst, in der Bettdecke steckt mein Herz.“

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Da nähte und stickte die junge Braut, wenn der Alte fort und seinen Geschäften nachging, in ihrer Einsamkeit gar schöne Blumen auf seine Bettdecke, damit sein Herz eine Freude haben sollte.

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Der Alte aber lächelte darüber und sagte: „Du gutes Kind, es war ja nur mein Scherz; mein Herz, das steckt -“ „Nun, wo steckt es denn, lieber Vater?“ „Das steckt in der – Stubentür!“

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Da hat die junge Frau am andern Tage, als der Alte fort war, die Stubentüre gar schön geschmeckt mit bunten Federn und frischen Blumen und hat Kränze daran gehangen. Fragte der Alte, als er heimkam, was das bedeuten solle? Sagte sie: "Das tat ich, deinem Herzen was zu Liebe zu tun. "Da lächelte wieder der Alte und sagte: "Gutes Kind, ganz wo anders, als in der Stubentüre, ist mein Herz."

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Da wurde die junge Braut sehr betrübt und sprach: „Ach Vater, so hast du doch ein Herz und kannst sterben, und ich werde dann so allein sein.“ Da wiederholte der Alte alles, was er ihr schon zweimal gesagt, und sie drang aufs neue in ihn, ihr zu sagen, wo doch eigentlich sein Herz sei.

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Beitrag von Fredeswind » Mittwoch 1. Juni 2011, 15:20

Da sprach der Alte: „Weit, weit von hier liegt in tiefer Einsamkeit eine uralte Kirche, die ist fest verwahrt mit eisernen Türen, um sie ist ein tiefer Wallgraben gezogen, über den führt keine Brücke, und in der Kirche da fliegt ein Vogel wohl ab und auf, er isst nicht und trinkt nicht und stirbt nicht, und niemand vermag ihn zu fangen, und so lange der Vogel lebt, so lange lebe auch ich, denn in dem Vogel ist mein Herz.“ Da wurde die Braut traurig, dass sie dem Herzen ihres Alten nichts zu Liebe tun konnte, und die Zeit wurde ihr lang, wenn sie so allein saß, denn der Alte war fast den ganzen Tag auswärts.

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Da kam einmal ein junger Wandergesell am Häuschen vorüber, der grüßte sie, und sie grüßte ihn, und sie gefiel ihm, und er kam näher, und sie fragte ihn, wohin er reise, woher er komme.

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„Ach!“, seufzte der junge Gesell. „Ich bin gar traurig. Ich hatte noch sechs Brüder, die sind von dannen gezogen, sich Bräute zu holen, und mir, dem Jüngsten, wollten sie auch eine mitbringen, sind aber nimmer wieder gekommen, und da bin ich nun auch fort vom Hause und will meine Brüder suchen.“

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„Ach, lieber Gesell!“, rief die Braut, „da brauchst du nicht weiter zu gehen! Erst setze dich und iss und trinke etwas, und dann lass dir erzählen!“ Und gab ihm zu essen und zu trinken und erzählte ihm, wie seine Brüder in die Stadt gekommen, und wie sie ihre Schwestern und sie selbst als Bräute mit sich nach Hause hätten führen wollen, und dass sie für ihn, ihren Gast, bestimmt gewesen, und wie der Alte sie bei sich behalten und die andern in graue Steine verwandelt habe. Das alles erzählte sie ihm aufrichtig und weinte dazu, und auch, dass der Alte kein Herz in der Brust habe und dass es weit, weit weg sei in einer festen Kirche und in einem unsterblichen Vogel. Der Bräutigam sagte: „Ich will fort, ich will den Vogel suchen, vielleicht hilft mir Gott, dass ich ihn fange.“

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„Ja, das tue, daran wirst du wohl tun, dann werden deine Brüder und meine Schwestern wieder Menschen werden!“ Da packte sie dem Wandergesellen viel zu essen und zu trinken ein und gab es ihm mit und wünschte ihm alles Glück und Gottes Segen auf seine Fahrt.

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Re: Märchen

Beitrag von erwinius » Mittwoch 1. Juni 2011, 23:57

Fein.......... wieder eine wunderschöne Geschichte :klatsch2 :klatsch2

Wo Du nur immer Deine Darsteller und "Kulissen" hernimmst..... :gruebel :wink

Grüsse aus Helvetien
Erwinius
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