Liebes Tagebuch!
Man darf Kiki und seinen Einfallsreichtum einfach nicht unterschätzen.
Irgendwann steht er am Rand des Lagers der Station und ruft nach mir.
»Ki Ki, Ki Ki!«
Das ist nicht laut und fordernd, sondern eher bittend.
Ich hebe mal ganz vorsichtig den Kopf und schaue in seine
Richtung. Kiki steht doch tatsächlich auf einer Rattenfalle -
jedenfalls einer Lebendfalle für Kleintiere. Er will, dass ich
zu ihm komme. Seit ich ihn kenne, habe ich versucht, ihn
zu beschützen. Das will er wohl nun mit mir tun.
Ganz vorsichtig nähere ich mich ihm. Ich habe keine
Alternativen, befürchte ich. Ich könnte als Ratte unter
Ratten leben. Aber das ist nicht unbedingt mein Lebens-
traum. In dem Moment kann ich Sophie verstehen, die
sich auch nie mit ihrem Leben als Eule anfreunden konnte.
Wenigstens in der Nähe von Freunden will ich sein.
Ich sitze in der Falle. Kiki will mich zum Zelt schleppen.
Doch Ralik hat seine Beute gesehen. Er greift nach dem Gewehr.
»Geh weg, Kleiner«, verlangt er. »Der Boss will es so.«
»Ki Ki«, knurrt mein kleiner Freund böse.
Die Hunde laufen an seine Seite.
»Ki Ki, Ki Kiiii!«, schreit Kiki drohend.
Floh und Zecke knurren und bellen, was das Zeug hält.
Die Hunde wissen nicht, wer ich bin. Aber wenn Kiki die
Ratte beschützt, dann muss das für sie richtig sein und sie
wollen helfen. Das bleibt im Lager natürlich nicht unbemerkt.
Dascha kommt aus dem Zelt.
Man merkt, dass es ihr nicht richtig gut geht.
»Seid ihr von Sinnen?«, schimpft sie trotzdem. »Laßt den Kleinen in
Ruhe! Hat er nicht genug durchgemacht? Kiki hat seinen Menschen ver-
loren. Ist doch gut, wenn so ein kleines Pelzknäuel ihn etwas trösten kann.«
»Ki Ki«, nickt der Kleine.
»Schon gut, schon gut«, beschwichtigt Olki, der längst
angelaufen kam. »Solange die Ratte eingesperrt ist, kann
es uns egal sein. Aber wehe, sie läuft hier frei herum.«
»Sie bleibt in der Box«, verspricht Dascha.
»Okay, dann packen wir mal weiter«, gibt Olki nach.
Er stapft davon und winkt Ralik, ihm zu folgen.
»Hab keine Angst«, tröstet Dascha meinen kleinen Freund,
»niemand nimmt dir deine Ratte weg. Wir machen uns morgen
eh auf den Heimweg. Das Wetter ist jetzt stabil und wir können
sogar eine etwas kürzere Route nehmen.«
»Ki Ki?«
»Was willst du wissen?« Dascha versteht Kiki ja nicht wirklich.
»Mach dir keine Sorgen. Ich finde einen schönen Platz für dich.
Vielleicht in einem Zoo oder so etwas. Das wird sich finden.
Erst einmal gehen wir zurück in die Stadt.«
Zurück in die Stadt klingt gut für mich. Zoo klingt übel. Hoffentlich
findet sich eine andere Lösung. Kiki muss doch zu Keiki zurück.