Fredeswinds Märchenschatztruhe

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Die Osebergs
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Re: Märchen

Beitrag von Die Osebergs » Mittwoch 16. November 2016, 18:30

Wir haben dir zu danken.
Ich lese hier schon seit Jahren und werde es die nächsten Jahre weiterhin mit Vergnügen tun.

Danke für deine Mühe.
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Fredeswind
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Beitrag von Fredeswind » Freitag 25. November 2016, 11:38

@ Domi Silvercolt, Ischade und die Osebergs und die Daumenhochspender

:dank :dank :oops :oops
Besten Dank für eure lieben Worte und die Wertschätzung, die ihr mich dadurch erfahren lasst. :knicks

LG von der Märchenfee Fredeswind :fee
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Weihnachtsgeschichte

Beitrag von Fredeswind » Freitag 25. November 2016, 18:22

Meine lieben Märchenfreunde, :kavalier

übermorgen ist ja nun schon 1. Advent. Daher habe ich beschlossen das letzte Märchen für dieses Jahr etwas zurückzustellen, denn ich habe wieder eine Weihnachtsgeschichte für euch. Bis Heiligabend möchte ich euch jede Woche einige Bilder aus dieser Geschichte einstellen, wie ich das letztes Jahr schon gemacht habe. Es ist aber kein Märchen, keine Sage oder Legende, sondern eine Erinnerung aus dem Leben eines Schriftstellers.
Mehr erfahrt ihr morgen, denn da geht es hier los.
Ich hoffe, dass ihr alle wieder hereinschaut und euch an der Geschichte erfreut.

:weihnacht1 :weihnacht3

Liebe Grüße
Eure Märchenfee Fredeswind
:fee
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Re: Märchen

Beitrag von Die Osebergs » Samstag 26. November 2016, 10:10

Dann schnappe ich mir Punsch und Weihnachtskekse und freue mich darauf.
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Re: Märchen

Beitrag von Fredeswind » Samstag 26. November 2016, 10:44

Die Osebergs hat geschrieben:Dann schnappe ich mir Punsch und Weihnachtskekse und freue mich darauf.
:dank :dank

Na, dann schnapp dir mal... denn jetzt geht es los. :anstoss

LG von der Märchenfee Fredeswind :fee
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Der erste Christbaum in der Waldheimat (Peter Rosegger)

Beitrag von Fredeswind » Samstag 26. November 2016, 11:03

Der erste Christbaum in der Waldheimat

(frei nach Peter Rosegger)

„Bist doch noch kommen! Wir haben schon gmeint, 's Wetter! Der Nickerl hat schon gröhrt, hat glaubt, du kunntst im Schnee sein stecken blieben. Na, weil d' nur da bist. Was magst denn gleich? Ein Eierspeis'? Ein Kaffee? Weihnachtsguglhupf han ich ah schon.“ Kennt ihr sie? Kennt ihr sie nicht? Das ist ja die Stimme der Mutter!

Wald 01.JPG


Es waren die ersten Weihnachtsferien meiner Studentenzeit. Wochenlang hatte ich schon die Tage, endlich die Stunden gezählt bis zum Morgen der Heimfahrt von Graz ins Alpel. Und als der Tag kam, da stürmte und stöberte es, dass mein Eisenbahnzug stecken blieb ein paar Stationen vor Krieglach. Da stieg ich aus und ging zu Fuß, frisch und lustig, sechs Stunden lang durch das Tal; wo der Frost mir Nase und Ohren abschnitt, dass ich sie gar nicht mehr spürte.

Wald 02.JPG


Und durch den Bergwald hinauf, wo mir so warm wurde, dass die Ohren auf einmal wieder da waren und heißer, als je im Sommer. Der Nase vergaß ich, doch stak sie sicher fest im Gesicht, wo sie heute noch steckt. Auch mein Bündel Bücher schleppte ich, denn die Professoren waren so grausam gewesen, mir Hausaufgaben zu zeichnen, besonders in der Mathematik und Grammatik, die ich heute noch hassen künnte bis aufs Blut, wenn es nicht gar so blutlose Wissenschaften wären.

Wald 03.JPG


So kam ich, als es schon dämmerte, glücklich hinauf, wo das alte Haus, schimmernd durch Gestöber und Nebel, wie ein verschwommener Fleck stand, einsam mitten in der Schneewüste. Als ich eintrat, wie war die Stube so klein und niedrig und dunkel und warm – und urheimlich. In den Stadthäusern verliert man ja allen Maßstab für das Waldbauernhaus.

Wald 04.JPG


Aber man findet sich gleich wieder hinein, wenn die Mutter den Ankömmling ohne alle Umstände so grüßt. „Na, weil d' nur da bist!“ Auf dem offenen Steinherd waberte das Feuer, in der guten Stube wurde eine Kerze angezündet. „Mutter, nit!“, wehrte ich ab, „tut lieber das Spanlicht anzünden, das ist schöner!“ Sie tat's aber nicht. Das Kienspanlicht ist für die Werktage. Weil der Sohn heimkam, war für die Mutter Feiertag geworden. Darum die festlichere Kerze. - Und für mich erst recht Feiertag!

Wald 05.JPG
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Re: Märchen

Beitrag von Mara » Samstag 26. November 2016, 16:31

Wie schön - du schaffst es noch, dass auch ich ein wenig Weihnachtsgefühl bekomme :knuddel2
Man hört nicht auf, zu spielen, weil man alt wird - man wird alt, weil man aufhört, zu spielen.

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Re: Märchen

Beitrag von Fredeswind » Montag 28. November 2016, 15:26

Mara hat geschrieben:Wie schön - du schaffst es noch, dass auch ich ein wenig Weihnachtsgefühl bekomme :knuddel2
:dank :dank :oops :oops

Das freut mich und ich kann das gut verstehen, das Fotografieren der Geschichte löste bei mir auch ein wenig Weihnachtsstimmung aus. :weihnacht3

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Der erste Christbaum in der Waldheimat (Peter Rosegger)

Beitrag von Fredeswind » Montag 28. November 2016, 15:32

Als die Augen sich an das Halbdunkel gewöhnt hatten,sah ich auch den Nickerl, das achtjährige Brüderlein. Es war das jüngste und letzte. Es stand in seinem blädernden Höslein, gerade wie ein Bäumlein da und hatte natürlich den Finger im Mund. Seine schwarzen Augen waren weit offen und ganz rund, so verwundert schaute er mich an.

Wald 06.JPG


Der, um den er schon ‚gröhrt‘ hatte, war jetzt da und die Vertraulichkeit stellte sich erst allmählich ein. Selbst als ich ihn zum Kaffee einlud, war es noch nicht so weit, dass er den Finger für das Stück Guglhupf vertauschen wollte. „Ausschaun tust gut!“, lobte die Mutter meine vom Gestöber geröteten Wangen.

Wald 07.JPG


Sie hatte ihr Gesicht, das nicht gut und nicht schlecht ausschaute – das alte, kummervolle und doch frohgemute Mutterantlitz. Ich schaute dieses Gesicht nie lange an, immer nur verstohlen – es war immer eine Schämigkeit da, bei ihr auch so, wie bei zwei heimlichen Liebsten. Zärtlich bin ich mit ihr nie gewesen, wohl auch nie grob – und diesmal bei der Heimkehr haben wir uns nur die Hände gegeben.

Wald 08.JPG


Aber wohl war mir! Wohl zum Jauchzen und Weinen. Ich tat keines, ich blieb ganz ruhig und redete gleichgültige Dinge. Der kleine Nickerl sah blass aus. „Du hast ja die Stadtfarb, statt meiner!“, sagte ich, und habe gelacht. Die Sache war so. Der Kleine tat husten, den halben Winter schon.

Wald 09.JPG
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Beitrag von Fredeswind » Freitag 2. Dezember 2016, 10:46

Und da war eine alte Hausmagd, die sagte es – ich wusste das schon von früher – täglich wenigstens dreimal, dass für ein ‚hustendes Leut‘ nichts schlechter sei, als ‚der kalte Luft‘. Sie verbot es, dass der Kleine hinaus vor die Tür ging, sie hielt immer die Fenster geschlossen, ja auch die Tür durfte nur so weit und so kurz ausgehen, wie eben noch ein Mensch rasch aus- oder einschlüpfen kann.

Wald 10.JPG


Die Eltern wussten es der Alten Dank, dass sie so gewissenhaft für den Kleinen mitsorgen half. So kam der Knabe nie ins Freie und kriegte auch in der Stube keine gute Luft zu schnappen. Ich glaube deshalb war er so blass, und nicht des Hustens halber. Gehustet hatte auch ich als Knabe, aber damals gab's noch diese alte Magd nicht und ich trieb mich mit meinen Geschwistern in der freien Weite um, wälzte Schneeballen, rodelte über Berglehnen, rutschte auf dem Eis die Hosen durchsichtig, so lange, bis der Husten wieder gut war.

Wald 11.JPG


Aber der arme Nickerl hatte keinen gleichgesinnten Kameraden mehr, er war unter Großen das einzige Kind, das Hascherlein im Hause und fügte sich hilflos den Gesetzen. Ich nützte die wenigen Ferientage gewissenhaft, um ihn der lebensgefährlichen Fürsorge der Hausmagd abspenstig zu machen. Ich lockte ihn aus dem Hause, verleitete ihn zum Schneeballenwerfen, zum Schneemandelbauen, wobei er warme Hände und rote Wangen bekam.

Wald 12.JPG


Und am Abende hustete er noch mehr. Mich schützte meine Stadtherrenwürde zwar vor dem Schlimmsten, aber das konnte die Alte nicht bei sich behalten, dass ich lieber in meinem Steinhaufen hätte bleiben sollen, als da herkommen, um Kinder zu verderben. Wir setzten munter unsere Winterfreuden fort und noch eh ich in die Stadt zurückkehrte, war beim kleinen Brüderl der Husten vergangen.

Wald 13.JPG


In der demselben vorhergehenden Nacht schlief ich wenig – etwas Seltenes in jenen Jahren. Die Mutter hatte mir am Ofen ein Bett gemacht mit der Weisung, die Beine nicht zu weit auszustrecken, sonst kämen sie in die Feuergrube, wo die Kohlen glosten. Die glosenden Kohlen waren gemütlich; das knisterte in der stillfinsteren Nacht so hübsch und warf manchmal einen leichten Glutschein an die Wand, wo in einem Gestelle die buntbemalten Schüsseln lehnten.

Wald 14.JPG


Aber die Schwabenkäfer!, die nächtig aus den Mauerlöchern hervorkrochen und zurzeit einmal Ausflüge über die Glieder und das Gesicht eines Studenten machten! Indes wird ein gesunder Junge auch die Schwabenkäfer gewohnt. Aber sie nicht ihn. Da war's ein anderes Anliegen, über das er noch obendrein schlüssig werden musste in dieser Nacht, ehe die Mutter an den Herd trat, um die Morgensuppe zu kochen. Ich hatte viel sprechen gehört davon, wie man in den Städten Weihnacht feiert.

Wald 15.JPG
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Beitrag von Fredeswind » Montag 5. Dezember 2016, 13:11

Da sollen sie ein Fichtenbäumchen, ein wirkliches Bäumlein aus dem Walde auf den Tisch stellen, an seinen Zweigen Kerzlein befestigen, sie anzünden, darunter sogar Geschenke für die Kinder hinlegen und sagen, das Christkind hätte es gebracht. Auch abgebildet hatte ich solche Christbäume schon gesehen. Und nun hatte ich vor, meinem kleinen Bruder, dem Nickerl, einen Christbaum zu errichten. Aber alles im Geheimen, das gehört dazu.

Wald 16.JPG


Nachdem es soweit taglicht geworden war, ging ich in den frostigen Nebel hinaus. Und just dieser Nebel schützte mich vor den Blicken der ums Haus herum arbeitenden Leute, als ich vom Walde her mit einem Fichtenwipfelchen gegen die Wagenhütte lief, dort das Bäumlein in ein Scheit bohrte und unter dem Karren- und Räderwerk versteckte.

Wald 17.JPG


Dann ging ich nach Sankt Kathrein zum Krämer, um Äpfel zu kaufen. Der hatte aber keine, sie waren im selben Jahre zu Pöllau und Hartberg nicht geraten und so war kein Obstträger in die Gebirgsgegend gekommen.

Wald 18.JPG


Nun fragte ich den Krämer, ob er vielleicht Nüsse habe. „Nüsse!“ sagte er. „Zum Anschauen oder zum Aufschlagen? Ich habe ihrer noch ein Sackel, vom vorigen Jahr her. Aber die sind nur zum Anschauen. Schlagst sie auf, so hast einen schwarzen oder verdorrten Kern, der nit zum Essen ist.“ Die Nüsse ließ ich ihm. Das wollte ich dem Brüderl nicht antun: Eine schöne Schale und kein Kern. Solche Sachen darf man ihm nicht angewöhnen. Was sollte ich nun kaufen?

Wald 19.JPG
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Re: Märchen

Beitrag von Domi Silvercolt » Montag 5. Dezember 2016, 13:20

Tolle Geschichte! :great
Wo hast Du denn den schönen Schrank her? Ist das echtes Holz?
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Re: Märchen

Beitrag von Fredeswind » Montag 5. Dezember 2016, 13:39

:dank :dank :oops :oops

Ja, der Schrank ist echtes Holz, die Schuibladen und Regalfächer aus Plastik. Den Schrank habe ich vor ewigen Zeiten mal in Goslar erstanden als Puppenstubenzubehör. Passt einfach genial zu Playmobil und gehört eigentlich in den Tante Emma Laden in meinem 1900 Dorf. http://www.klickywelt.de/viewtopic.php? ... t&start=30

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Beitrag von Fredeswind » Freitag 9. Dezember 2016, 10:32

Er hatte ja allerhand schöne Sachen; der Krämer. Rote Sacktücheln, Hosenträger, Handspiegel, Tabakspfeifen, sogar Maulwetzen (Mundharmoniken). Doch abgesehen davon, dass der angehende Pädagoge manches nicht passend fand, hatte ich mit meinem Geldvorrat zu rechnen, der mich ja auch wieder nach Graz bringen sollte.

Wald 20.JPG


„So wär' ich halt umsonst gegangen,“sagte ich. Darauf der Krämer: „Damit du nit umsonst gegangen bist – wenn man noch du sagen darf zum Herrn Studenten – so trink da ein Stamperl Roten.“ Damit goss er mir aus der Flasche süßen roten Schnaps in ein Gläschen.

Wald 21.JPG


Als ich den getrunken hatte, war mir der Mut gestiegen und die Geldsorge gesunken. Aber nicht beim Krämer wurde eingekauft, daraufhin war der Rote auch nicht gespendet vom alten braven Haselbauer (auch Haselgräber geheißen). Ich ging über das Brückerl zum Bäcker und kaufte einen Vierkreuzerwecken, den ich in die Brusttasche steckte.

Wald 22.JPG


Der Fuhrmann Blasel, der mir nachher begegnete, rief lachend: „Nau, der Waldbauernpeter hat ja eine Hühnerbrust bekemma!“, denn die Vierkreuzerwecken in Sankt Kathrein waren damals nicht danach, dass sie unter dem zugeknöpften Rock unbeachtet bleiben konnten. Ich kam nach Hause und nun war für den Christbaum alles beisammen.

Wald 23.JPG
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Beitrag von Fredeswind » Montag 12. Dezember 2016, 16:28

Aber kaum mir darob behaglich ward, fiel mir ein, dass gerade noch etwas sehr Wichtiges fehlte: die Kerzen. Ich hatte der kleinen Wachskerzen vergessen; wo nehme ich sie her? Ich nahm sie einfach her. In einem Bauernhause ist für alles Rat, nur gehört zur Herbeischaffung manchmal eine Notlüge. Sie ist nicht schwer zu machen. Zur Mutter ging ich und bat, ob sie mir nicht ihren roten Mariazellerwachsstock leihen wollte.

Wald 24.JPG


Sie fragte wozu? Na, dann tat ich's halt. Ich ginge in der Nacht zur Christmette, wo in der Kirche alle Leute ihre Lichter hätten, so möchte ich auch eins haben. Sie langte nur in ihren Gewandkasten; da hatte ich den Wachsstock. Dann ward es Abend. Die Gesindleute waren noch in den Ställen beschäftigt, oder in den Kammern, wo sie sich nach der Sitte des heiligen Abends die Köpfe wuschen, und ihr Festgewand herrichteten.

Wald 25.JPG


Die Mutter in der Küche buk die Christtagskrapfen und der Vater mit dem kleinen Nickerl ging durch den Hof, um ihn zu beräuchern und dabei schweigend zu beten. Das schweigende Beten, sagte die Mutter gern, sei wirksamer als das laute. Wenige Jahre vorher hatte ich dem Vater bei diesem priesterlichen Amte noch geholfen, nun tat es schon das Brüderl, und gewiss auch mit jener ehrfürchtigen Andacht, die den Geheimnissen dieser Nacht gebührt.

Wald 26.JPG


Dieweilen also die Leute alle draußen zu tun hatten, bereitete ich in der großen Stube den Christbaum. Das Bäumchen, das im Scheite stak, stellte ich auf den Tisch. Dann schnitt ich vom Wachsstock Kerzchen und klebte sie an die Ästlein. Das plagte ein wenig, denn etliche wollten nicht kleben und fielen herab. Ich hätte sehr gern Geduld gehabt, um alles ordentlich zu machen, aber jeden Augenblick konnte die Tür aufgehen und vorzeitig wer hereinkommen. Gerade diese zitternde Hast, mit der sie behandelt wurden, benützten die Kerzchen, um mich ein wenig zu necken.

Wald 27.JPG


Endlich aber wurden sie fromm, wie es sich für Christbaumkerzchen geziemt und hielten fest. Es war gut. Unterhalb, am Fuße des Bäumchens legte ich den Wecken hin. Da hörte ich über der Stube auf dem Dachboden auch schon Tritte – langsame und trippelnde. Sie waren schon da und segneten den Bodenraum. Bald würden sie in der Stube sein, mit der wir den Rauchgang zu beschließen pflegten. Ich zündete die Kerzen an und versteckte mich.

Wald 28.JPG


Noch war es still. Ich betrachtete vom Versteck aus das lichte Wunder, wie in dieser Stube nie ein ähnliches gesehen worden. Die Lichtlein auf dem Baum brannten so still und feierlich – als schwiegen sie mir himmlische Geheimnisse zu. Aber da fiel es mir ein – wenn sie niederbrannten, bevor die Leute kommen! Wie konnte ich's denn hindern? Wie sollte ich sie denn zusammenrufen? Da konnte ja alles ganz dumm misslingen!

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